film – training – prozess ..!

Erst informieren,…
Fr, 20.10.17, 19.30 Uhr in Köln-Ehrenfeld (Kolbhalle, Helmholtzstraße 8 )
Unter Paragraphen – Anspruch und Wirklichkeit im Gerichtssaal
Der Film zeigt, wie ein Gerichtsverfahren ablaufen müsste. Mittels heimlicher Mitschnitte in Strafverfahren zeigt sich, dass die Realität davon stark abweicht: Richter_innen brechen beliebig des Gesetz, verwehren den Angeklagten ihre Rechte und beschimpfen sie sogar. Der 90minütige Film bietet aber noch ein drittes: Immer wird erläutert, wie mensch sich wehren könnte – mit praktischen Tipps und den rechtlichen Grundlagen. Insofern ist „Unter den Paragraphen“ Aufklärung und Lehrfilm zugleich.
Vor Ort dabei für die anschließende Diskussion: Der Filmmacher, Gerichtsprozess-Trainer und Angeklagte am 23.10. – alles in einer Person !

der film läuft auch parallel hier in der waa u in wald u wiese…

dann üben
Sa/So, 21.-22.10.17, ab 10 Uhr dann hier in der WAA Düren … (u./od. gemeinsame Anfahrt von Köln aus, nach dem Film möglich)
Gerichtsprozesstraining: sich selbst verteidigen, und zwar richtig
Einführung zu rechtlichen Grundlagen der Repression (vor allem Straf- und Strafprozessrecht, aber auch Hinweise auf relevante Spezialgesetze). Schilderung des Ablaufs eines Gerichtsverfahrens. Dann Training in Form eines Rollenspiels zu einem kompletten Gerichtsprozess mit der Möglichkeit, mal verschiedene Rollen auszuprobieren (ZeugIn, AngeklagteR, Publikum, Wachmensch). ++ www.prozesstipps.tk

und dann der „Ernstfall“ (und was für einer!)
Mo, 23.10.17 um 12.30 Uhr am Amtsgericht Kerpen (Nordring 2-8, Saal 110/1. Etage) – TERMIN ABGESAGT!! vgl. http://www.ag-kerpen.nrw.de/behoerde/sitzungstermine/index.php?startDate=1508709600&itemsPerPage=0#sitzungsTermineDates (ob nur verschoben oder verfahren klammheimlich? eingestellt wird sich zeigen…)
Strafprozess wegen der Kohlezugblockade 2012 (Hambachbahn)
Am 23. Oktober 2017 steigt der lang erwartete Strafprozess in Sachen Ankettblockade eines Braunkohlezugs. Es war, während des Klimacamps 2012 durchgeführt, die (vermutlich) erste Blockade dieser Art und trug, zusammen mit dem Klimacamps -> http://www.klimacamp-im-rheinland.de , der Besetzung des Hambacher Forstes -> https://hambacherforst.org/blog/ und anderer spektakulärer Aktivitäten dazu bei, dass aus dem regionalen ein internationaler und großer Widerstand wurde, der das Thema Braunkohle spürbar in den Mittelpunkt politischer Auseinandersetzung gebracht hat. Die richtet sich gegen die Erweiterung von Tagebauflächen, den Abriss von ganzen Orten, das Verfeuern der Kohle, den Massenausstoß von Klimagasen und insgesamt ein Wirtschaftssystem, was all diese Zerstörung bewirkt und braucht. Das Ziel der symbolischen Aktionen wurde erreicht: Inzwischen ist der Braunkohlewiderstand breit und politisch wirksam geworden. Die Durchsetzung des Kohleausstiegs scheint möglich. Damit ist die Grundlage für einen Freispruch nach § 34 StGB geschaffen, denn neben den Rechtfertigungsgründe für die Aktion (Schutz des Klima usw.) war die Aktion wirksam und. Die Anklage bietet aber noch eine zweite hervorragende Möglichkeit, die Verfeuerung von Kohle und ihre Folgen zu thematisieren. Denn diese ist für die Versorgung der Bevölkerung nicht lebenswichtig. Die Anklage behauptete das aber einfach mal so. Im Prozess müssen also Sinnhaftigkeit und Folgen von Braunkohleabbau und -verstromung geprüft werden.
Direkt danach: Weiterer Kohlezugblockade-Prozess!
Termin: Montag, 23.10., um 14.00 Uhr, Ort: Amtsgericht Kerpen, Nordring 2-8, Saal 110/ 1. Etage – TERMIN ABGESAGT!! vgl. http://www.ag-kerpen.nrw.de/behoerde/sitzungstermine/index.php?startDate=1508709600&itemsPerPage=0#sitzungsTermineDates (ob nur verschoben oder verfahren klammheimlich? eingestellt wird sich zeigen…)
dh. dass am gleichen Tag um 14 Uhr im selben Saal ein weiterer Prozess ebenfalls zum Vorwurf „Störung öffentlicher Betriebe“ verhandelt wird. Dem Beschuldigten wird ebenfalls vorgeworfen, bei einer Hambachbahn-Blockade mitgemacht zu haben – allerdings über drei Jahre später im Herbst 2015. Es werden also die gleichen Fragen nach der Strafbarkeit einer solchen Blockade diskutiert werden müssen. Gleichzeitig beweist der zweite Prozess die Wirksamkeit der um 12.30 Uhr verhandelten Tat, zeigt er doch, dass die erste Blockade Nachahmung fand und somit wirksam war.
Die Angeklagten wollen aus der Anklage zudem eine politische Abrechnung mit der Braunkohle formen. Die rechtliche Frage bietet dabei in der Tat eine Menge Zündstoff. Denn die anklagende Staatsanwaltschaft behauptete, die Braunkohle sei für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtig. Sie bastelte daraus den Vorwurf nach § 316b, Abs. 1 Nr. 2, 2. Variante, also die Behinderung „eines für die Versorgung der Bevölkerung lebenswichtigen Unternehmens“. Was aber soll an einer Kohlebahn wichtig sein, die Brennstoff für Exportstrom liefert, wollen die angeklagten Aktivisten fragen. Sie lehnen den weiteren Abbau und die Verstromung der Braunkohle ab, weil diese nur Profitinteressen diene. Jörg Bergstedt, einer der Angeklagten, formuliert es noch drastischer: „Die Braunkohle dient nicht der Versorgung der Bevölkerung, sondern deren Entsorgung! Wenn der Klimawandel so weitergeht, werden nicht nur die abgebaggerten Dörfer verschwunden sein, sondern ganz Inseln, Landstriche, Länder und vor allem der Lebensraum von Millionen bis Milliarden Menschen!“
Doch die Angeklagten bezweifeln nicht nur die in der Anklage vorhandene Behauptung über die Notwendigkeit der Braunkohleverstromung. Für sie war der Akt zivilen Ungehorsams nötig, um auf deutlich höherwertige Gefahren und damit Schäden für andere Rechtsgüter hinzuweisen. Gerade die spektakuläre Aktivitäten des Jahres 2012 trugen dazu bei, dass aus dem regionalen ein internationaler und großer Widerstand wurde, der das Thema Braunkohle spürbar in den Mittelpunkt politischer Auseinandersetzung gebracht hat. Die richtet sich gegen die Erweiterung von Tagebauflächen, den Abriss von ganzen Orten, das Verfeuern der Kohle, den Massenausstoß von Klimagasen und insgesamt ein Wirtschaftssystem, was all diese Zerstörung bewirkt und braucht. Das Ziel der symbolischen Aktionen wurde erreicht: Inzwischen ist der Braunkohlewiderstand breit und politisch wirksam geworden. Die Durchsetzung des Kohleausstiegs scheint möglich. Damit ist die Grundlage für einen Freispruch nach § 34 StGB geschaffen, denn neben den Rechtfertigungsgründe für die Aktion (Schutz des Klima usw.) war die Aktion auch wirksam und angemessen – zwei wichtige Kriterien des Paragraphen, der regelt, dass mensch Gesetze brechen darf, um höherwertige Ziele zu erreichen. Erst kürzlich wurde Reporter vom Landgericht Magdeburg nach diesem Paragraphen freigesprochen, die illegal eine Tierfabrik betreten hatten, um Aufnahmen von den dortigen Quälereien zu machen. „Genau das wünschen wir uns auch“, formulieren die Angeklagten.
Unser Ziel ist ein Freispruch, weil Braunkohle überflüssig und/oder der Widerstand gerechtfertigt ist – 2012 genauso wie heute!
-Die Prozesse dürften also spannend und für den weiteren Widerstand wegweisend sein.
Denn immerhin eines ist klar:
Das Frage- und Antragsrecht im Prozess liegt bei den Angeklagten und ihren Verteidiger*innen.
Mit welchen Mitteln Staatsanwaltschaft und die möglicherweise als Zeug*innen zu ladenden RWE- und Behördenvertreter*innen die weitere Zerstörung von Landschaft und Klima verteidigen werden, wird der 23.10. zeigen – oder darauf folgende weitere Termine.-

ergänzung vom 20.11.17:
ein Artikel in der taz darüber: „Das Gericht als Bühne – Kreativität in Strafprozessen

ergänzung vom 24.10.17:
u. aktuell ein beispiel einer erfolgreichen offensiv-verteidigung „Gegen das Schweinesystem„!
(-> mehr details…)