wrd5: Tagebau-Urteil: Die Auseinandersetzung wird weitergehen

Der BUND ist mit seinem Versuch gescheitert, den Braunkohletagebau Hambach vor Gericht zu stoppen. Verantwortlich für die Fortführung des Tagebaus aber sei nicht das Gericht, sondern die Landesregierung, meint Jürgen Döschner in seinem Kommentar.
Nein, das Kölner Urteil, das grüne Licht zur Abholzung des Hambacher Forstes, ist nicht das Ende aller Klimaschutzpolitik in Deutschland. Genauso wenig, wie ein Stopp der Rodungen das Ende der Braunkohle in Deutschland bedeutet hätte.
Und doch ist dieses Urteil, diese neue Etappe im Streit um den Hambacher Forst, von großer Bedeutung. Denn dieses kleine Stück Wald, das da von dem rheinischen Urwald übrig geblieben ist, hat einen hohen symbolischen Wert – für beide Seiten. Hambach steht seit Jahren für den Konflikt zwischen Klimaschutz und fossiler Energiewirtschaft. Mit zunehmender Härte.

Gerade deshalb wäre es wichtig gewesen, in diesem Konflikt zu vermitteln. Der Prozess vor dem Kölner Verwaltungsgericht war eine Gelegenheit, Schärfe herauszunehmen; zu zeigen, dass nicht Steine oder Schlagstöcke, sondern politische Argumente und Paragrafen in unserer Demokratie die besten Mittel sind, gesellschaftliche Konflikte zu lösen.
Die schwarz-gelbe Landesregierung, die politisch verantwortliche Instanz für den Braunkohletagebau, hat – genauso wie alle früheren Landesregierungen – in dieser Frage versagt.
Sie hat es im konkreten Fall dem Gericht überlassen, einen solchen Vermittlungsversuch zu unternehmen. Mit Verweis auf Klimaschutz und nahenden Kohleausstieg hatten die Kölner Richter einen Vergleich vorgeschlagen: Der Wald sollte verschont werden, ohne dass der Tagebau beeinträchtigt worden wäre. Doch nicht nur RWE lehnte diesen Vergleich ab. Die Landesregierung stellte sich demonstrativ an die Seite des Energiekonzerns und teilte dessen harte Haltung.
Dass manche Spötter inzwischen Nordrhein-Westfalen mit „NRWE“ abkürzen, ist sicher nicht allein das Werk der aktuellen Landesregierung. Aber es wirkt schon anachronistisch, wenn im Jahr 2017 – im Bewusstsein der heute bekannten Fakten über den Klimawandel und der Rolle der Kohle dabei, im Angesicht einer soeben erst zu Ende gegangenen Weltklimakonferenz in Bonn – quasi am Rande der Kohlegruben eine Landesregierung immer noch stur an der Braunkohle festhält, den Schulterschluss mit der Braunkohleindustrie praktiziert und dafür den Klimaschutz im Allgemeinen und den Hambacher Forst im Konkreten opfert.
Die Auseinandersetzung um den symbolträchtigen Hambacher Forst wird auch nach diesem Urteil weiter gehen – vor Gericht und auf der Straße. Aber es ist nicht das Kölner Verwaltungsgericht, das diese Eskalation und möglicherweise das Ende des Hambacher Forstes zu verantworten hat. Es sind vielmehr die wirtschaftlich und politisch Verantwortlichen – RWE und die Landesregierung. Mit ihrer Politik der Unnachgiebigkeit und Konfrontation gefährden sie nicht nur Natur und Klima, sondern auch den sozialen Frieden in unserem Land.
Redaktion: Stefan Pößl
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