Klage für die Pressefreiheit

In der Nacht vom 16. auf den 17. August 2018 kam es in der WAA zu einem Polizeieinsatz. Wir berichteten. Der vom Vorgehen der Polizei betroffene Journalist erhebt nun Klage gegen das Land NRW

Klage

des Elmo Elbrecht, Kallsgasse 20, 52355 Düren

-Kläger

gegen

Land Nordrhein-Westfalen

-Beklagte

wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Polizei,

Vorläufiger Streitwert: TODO

 

Ich erhebe klage und werde beantragen:

Es wird festgestellt, dass das Ergreifen der Kamera des Klägers durch die Polizeibeamten sowie deren Handlungsaufforderung an den Kläger, sich anderen Aufgaben als der Fotografischen Tätigkeit zuzuwenden einen unzulässigen eingriff in die Pressefreiheit darstellen.

Begründung

I. Polizeieinsatz als Vorgeschichte

Der am 11. Februar 1987 in Bochum geborene ledige Kläger ist Journalist und Mitglied im deutschen Verband der Pressejournalisten.

Beweis
Beitragsbestätigung 2018 vom 15. Januar 2018, Beigefügt in Kopie.

(Anl. K 1)

In der Nacht vom 16 auf den 17 August 2018 kam es in der Kallsgasse 20 zu einem Polizeieinsatz. Konfliktgegenstand des Einsatzes war ein Lagerfeuer im Garten und eine möglicherweise daraus hervorgehende Brandgefahr. Der Kläger war teil der geselligen Runde um das Lagerfeuer. Ebenso wie etwa 6 weitere Menschen, die der Anarchistischen-, Punk- und/oder (Hambacher Forst-) Umweltaktivistenszene zuzuordnen sind.
Die Polizei erschien mit 6 Einsatzkräften. Ein Polizist forderte die Runde auf, das Feuer zu löschen.
Da der Kläger Vorstand des in der Kallsgasse 20 ansässigen Vereins ‚Förderverein des Jugendumweltnetzwerkes „für eine klimagerechte Zukunft“ e.V.‘ ist,

Beweis
Auszug aus dem Vereinsregister, Beigefügt in Kopie.

(Anl. K 2)

sah er sich aus Angst vor Haftungsproblemen veranlasst, dem Begehren der Polizei unverzüglich folge zu leisten. Dank 40 Liter Löschwasser, was die gesellige Runde in unmittelbarer Umgebung des Feuers in Eimern bereit hielt, reduzierte der Kläger das Feuer in wenigen Sekunden auf die Größe eines Schwelbrandes.
Nach bereitwilliger Löschung des Feuers bestanden die Polizisten trotz umfassender Kooperation dennoch darauf, bis zur vollständigen Löschung des übrigen Schwelbrandes die Löscharbeiten zu beaufsichtigen. Der Kläger führte die Löscharbeiten aus, während die gesellige Runde sich Passiv verhaltend, den Polizisten demonstrativ den Rücken zukehrte. Ein Mensch aus der Runde saß im Vergleich zu den anderen recht nahe an den Polizisten, vermutlich um dessen Abneigung jenen gegenüber durch den großen „FCK CPS“ Aufnäher auf dessen Rücken kund zu tun. Der Kläger nimmt an, dass es unstrittig ist, dass „FCK CPS“ in diversen polizeikritischen Subkulturen als Meinungsäußerung der Abneigung der Polizei geäußert wird. Als der Kläger zwei weitere Wassereimer gefüllt und sich auf den Weg zum Schwelbrand machte, bemerkte er, dass zwei der Polizisten, die sich aus Perspektive der Feuerstelle zwar im Hintergrund hielten, jedoch auf dem Weg des Klägers zwischen Wasserhahn und Feuerstelle standen, je eine 500 ml Dose Pfefferspray in der Hand, also unmittelbar Einsatzbereit, hielten. Der Kläger holte einen weiteren Wassereimer und fragte die Polizisten, wie viele Wassereimer noch notwendig seien, ehe die Polizisten das Grundstück verlassen würden. Zur Antwort bekam er von einem Polizisten zu hören: „Zwei“.

II. Der Tathergang: Einschnitt der Grundrechte

Der Kläger nutzte den Weg von der Feuerstelle zum Wasserhahn, um kurz in seine Rolle als Journalist zu wechseln und ein Foto von einem der Polizisten mit Pfefferspray anzufertigen: Um die Situation nicht unnötig anzuheizen, beschränkte er sich darauf, eine Bild-Aufnahme mit dem Smartphone anzufertigen, was er griffbereit in der Hosentasche mit sich führte. Der Kläger wählte einen der Polizisten mit 500ml Pfefferspray in der Hand als Fotomotiv. Er führte die Smartphone-Kamera zunächst auf den Boden gerichtet, um nicht die Polizisten auf sich zu ziehen, die sich ggf persönlichkeitsrechtlich angegriffen fühlen könnten. Der Kläger schwenkte vom Boden her hoch auf einen entsprechend mit Pfefferspray herumstehenden Polizisten. Den Bildausschnitt wählte er etwa von Schienbein bis Bauchnabel, keinesfalls bis zum Gesicht hoch, aus o.g Bedenken der Eskalation. Der vor der Kamera stehende Polizist und dessen unmittelbar daneben stehender Kollege ergriffen fast zeitgleich das Smartphone des Klägers sowie dessen selbiges festhaltende Hand und hinderten ihn so an der Aufnahme.
Der Kläger skandierte, „[dieses Foto anzufertigen] ist mein gutes Recht.“ Einer der beiden Polizisten ermahnte den Kläger daraufhin, weiter zu gehen und mehr Löschwasser zu holen. Nach kurzer Abwägung kam der Kläger in Befürchtung um seine körperliche Unversehrtheit der Aufforderung nach und holte einen weiteren Wassereimer.

Das Verhalten der Polizei ist rechtswidrig.

III. Meinungsäußerungen als provokantes Nachspiel

Die Ankunft mit dem ersten Eimer machte der Kläger vor allen anwesenden durch lautes Vermerken der Zahl Eins deutlich, ehe er ihn auf die nasse Kohle schüttete. Einer der Polizisten nahm dies zum Anlass, den Kläger zu fragen, ob er „das Zählen in der Baumschule gelernt [hätte und ob man] da nicht auch lernt, dass man bei Trockenheit kein Feuer macht.“ Der Kläger empfand dies als Ehrverletzend, wusste sich aber auch nicht zur Wehr zu setzen. Während der Kläger einen weiteren Eimer Wasser holte, der jedoch nur halb gefüllt war (Die Wasserleitung gab gerade recht wenig Wasser her, da einige Menschen aus der geselligen Runde nun begannen, an einem zweiten Wasserhahn ebenfalls Wasser zu zapften)

Beweis
o.g. Vereinsmitglied. Das Vereinsmitglied kann bei Bedarf über den Verein des Klägers geladen werden.

 

*Fußnote 1

bekam er folgenden Dialog der Gewaltandrohung zwischen einem Vereinsmitglied und einem Polizisten mit. Anlass war, dass das Vereinsmitglied in einer offensichtlich parodischen gemeinten Fragestellung gefragt hatte, ob die Polizisten, wenn sie denn gingen sich ganz auflösen oder lediglich hier weg seien würden. Der Polizist frage nach, ob der Fragesteller sich darauf wirklich eine Antwort erhoffe. Als das Vereinsmitglied dies bejahte, sagte der Polizist: „Lieber würde ich dir eins in die Fresse schlagen.“

 

Beweis
o.g. Vereinsmitglied. Das Vereinsmitglied kann bei Bedarf über den Verein des Klägers geladen werden.

 

*Fußnote 1

 

* 1: Die Identität gibt der Kläger aus Datenschutzgründen bei tatsächlicher Relevanz, z.B. auf Anfrage durch das Gericht, sowie Genehmigung durch das Vereinsmitglied bekannt.

die Polizisten begannen dann auch, sich zurückzuziehen, als gerade zwei Menschen, die eben an der anderen Leitung einen großen 20 Liter Bottich gefüllt hatten, den Bottich in Richtung des nassen Kohlehaufens schleppend vorbeizogen.

IV. Bestehendes öffentliches Informationsinteresse

Die Werkstatt für Aktionen und Alternativen, wie das Freiraumprojekt in der Kallsgasse 20 in der Szene genannt wird, ist etablierter Bestandteil der Klimagerechtigkeitsbewegung im Rheinland. Beispielsweise finden hier öffentlich angekündigte Vorträge, Filmvorführungen und Diskussionen über die Proteste im Hambacher Forst statt.

Beweis
Webseite http://waa.blogsport.de/2018/07/23/filmabend-in-der-waa-2/
Screenshot Beigefügt als Kopie.

(Anl. K 3)

 

Zum Tatzeitpunkt fand nahe des Lahey Park bei Erkelenz das „Klimacamp im Rheinland“ statt. „Der Schwerpunkt liegt dieses Jahr auf der Zukunft des Rheinischen Braunkohlereviers und dem Nachdenken darüber, wo die Klimagerechtigkeitsbewegung steht und wie sie sich entwickeln sollte.“ erklären die Veranstalter das Selbstverständnis des diesjährigen Klimacamps auf deren Homepage.

Beweis
Homepage www.klimacamp-im-rheinland.de
Screenshot Beigefügt als Kopie.

(Anl. K 4)

Der Kläger ist der Meinung, dass für einen Überlegungsprozess, wie sich die Klimabewegung weiter entwickeln könnte, ein die Klimabewegung betreffendes Ereignis und die sich daraus absehbare Entwicklung des aktuellen Zeitgeschehens von erheblicher Bedeutung sind.
Die Mehrtätige Veranstaltung „Klimacamp“ fand auch in etablierten Medien ein breites Echo.

Beweis
Webseite http://www.klimacamp-im-rheinland.de/presse/pressespiegel-2018
Beigefügt in Kopie (Stand 23.08.2018).

(Anl. K 5)

Das Reissen und Zerren um den Hambacher Forst prägt derzeit ebenfalls die Medienlandschaft, einschliesslich grossen Sendern wie dem WDR.

Beweis
Google News Suche nach dem Begriff „Hambacher Forst“
Link: https://www.google.de/search?q=hambacher+forst
Printversion Beigefügt in Kopie (Stand 23.08.2018).

(Anl. K 6)

Teil der Diskussion ist auch (wieder) das Thema Gewalt.

Auch aus dem Hambacher Forst ist zu vernehmen, dass Polizeieinsätze und Polizeipräsenz deutlich zunehmen.
In diesem brisanten Kontext der Konfrontation zwischen Demonstranten und Polizei, entbrennt immer wieder ein erbitterter öffentlicher Meinungskampf, der bisher insbesondere durch die etablierten Medien dominiert wird. In der Regel werden hier die Demonstranten als Krawallauslöser dargestellt.
Gerade in dieser Situation ist die Informationsbeschaffung in Form eines Fotos eines mit Pfefferspray hantierenden Polizisten vor einer zeitlich und Örtlich durch die Umgebung eindeutig identifizierbaren Umgebung sowie eine entsprechende Schilderung des Konfrontationsablaufes ein Beitrag von erheblicher Bedeutung zum öffentlichen Diskurs und zur Meinungsbildung!!!
Bildaufnahmen sind zudem von erheblicher Relevanz für die Glaubwürdigkeit und die unmittelbare Reichweite von ansonsten ausschließlich Text-basierenden Presseerzeugnissen.

V. Rechtliche Einordnung

Der Kläger beanstandet in mindestens wie folgt genannten höchsten Rechtsgütern verletzt worden zu sein.

  • EMRK §10 Abs 1 Satz 2
  • GG §2
  • GG §5 Abs 1 Satz 1+2

Nach Einschätzung des Klägers sind die der Polizei demonstrativ den Rücken zukehrenden Menschen um das Lagerfeuer als Spontanversammlung zu sehen.

VI. Abwägung zur gerichtlichen Konfliktbeilegung

der Klageerhebung ist kein Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen. Dem steht entgegen, dass die Verhinderung der Journalistischen Tätigkeit des Klägers durch die Polizei, in Fällen in denen die Polizei Bezug zwischen dem Kläger und dem Hambacher Forst herstellt, keinen Einzelfall darstellt. Der Kläger war an vergangenen Gesprächen zwischen Polizei, Hambacher Forst Besetzern, RWE Sicherheitsdienst, Bürgerinitiativen und weiteren Einzelpersonen z.B. am 20.04.2015 beteiligt. Der Kläger ist nach wie vor zu Gesprächen bereit, wünscht sich in dieser Sache jedoch Rechtssicherheit, die ihm nur durch einen Gerichtlichen Beschluss erteilt werden kann.

Zugleich beantragt der Kläger,

ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Düren, den 23.08.2018

Elmo Elbrecht